Vortrag von „Ritter Michael“ auf dem Michelsbergfest am 6. Juli 1898:
„Potztausend! Was ist das für ein Leben da?
Leute strömen herbei von Fern und Nah!
Und gesungen wird heut, geschriehn und gelacht,
Daß ich aus tausendjährigem Schlaf erwacht'.
Wißt denn, daß ich der Ritter Michel bin,
Der da einst hauste mit wildem Sinn!
O, ich habs einst ein bischen arg getrieben
Mit Saufen und Raufen, mit Rauben und Lieben.
Im Alter jedoch trank ich wenig mehr,
Auf einen Zug kaum 'ne Liesel leer,
Und Schmerzen hatt' ich, ja, da am Bein
Von dem verflixten Zipperlein.
Drum ließ ich ab von meinen Sünden
Und durfte darob noch Gnade finden.
Im Berge da, der nach mir genannt,
Ich meine ewige Ruhe fand.
Daraus habt Ihr mich nun gestört,
Drum Euch gerechte Strafe gehört.
Gewiß ist wieder der Gebhardt dabei,
Der ein- und ausgräbt so mancherlei,
Der das Wasser aus dem „Himmelreich“
Genommen und noch manchen Streich
Vollbracht, er hat auch sicher die Halle
Erbauen lassen mit lautem Schalle.
Manch anderer Spender und der Rath der Stadt
Die Sache, so vermuth ich, gefördert hat.
Und die ist fürwahr nicht schlecht gerathen,
Insofern muß ich loben die Thaten.
Wenn die Sonne lacht mit verliebten Blicken,
Wenn das Wetter dräut mit heimlichen Tücken,
Im Sommer, im Winter, zu jeder Zeit
Gemüthlichkeit da und Freude gedeiht.
Mich heimelt die altdeutsche Stube an,
Die hats, bei Gott, mir angethan.
Wer aber gerne ins Weite schweift,
Der hier Natur aus den Wolken greift.
Man hat eine wunderbare Schau
In lichtes Grün und Himmelblau,
Die Berge blicken ins Thal hinein,
Vergoldet vom lichten Sonnenschein
Auch heute noch wie vor tausend Jahren,
Als ich des Weges daher gefahren.
Doch was muß ich sehn? Ists auch kein Wahn?
Es fährt durchs Thal eine eiserne Bahn,
Da rast es hin mit wildem Sturm!-
Vom Arzberg drüben, da grüßt uns ein Thurm;
Auch seh ich überall Wege gebaut,
Und dort man Häuser und Dörfer erschaut;
Wo sich einst tummelten Wolf und Bär,
Da blicken gesegnete Fluren her.
Die Burgen aber sind längst zerfallen,
Es weht der Wind durch die öden Hallen.
Doch droben am Fußes des Berges liegt,
Wie ein Kind an die Mutter geschmiegt,
Mein liebes Hersbruck, so hold und reich,
Ich möchte es schier umarmen gleich.
O wachse, du reger, du lieblicher Ort,
Des Schaffens und des Frohsinns Hort!
Ihr Gäste, Ihr mögt Euch baß ergötzen
Allhier und mit frischem Trunke letzen.
Ich zürne Euch nimmer, Ihr lieben Leute,
Seid fröhlich immer, so fröhlich wie heute.
Und da, wo ich wacker kneipend oft saß,
Werd heute geleert manch schäumende Maß.
Reicht mir nun auch einen Trunk voll Kraft,
Hoch lebe der edle Gerstensaft,
Und die Stadt, die Spender, die Gäste auch noch
Sie leben alle hoch, hoch, hoch!“
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